Cybersecurity Trends: Ein Blick in die (nahe) Zukunft der IT-Security
Der KI-Hype und wachsende Cyberbedrohungen stellen die IT-Sicherheit vor neue Herausforderungen. Neben großen Unternehmen geraten nunmehr auch mittelständische Unternehmen und der Public Sector zunehmend ins Visier von Ransomware & Co.
Seit Anfang 2024 hat sich die Lage der Cybersecurity weltweit verschärft. Neben Browser und E-Mail entwickeln sich Netzwerke, Smartphones und sogar Drucker zunehmend zur Angriffsfläche. Das verändert die Art und Weise, wie Sicherheitsstrategien umgesetzt werden müssen.
Lukas Pfeiffer, Communications Director bei PIABO, gibt einen Überblick über die zehn aktuellsten Cybersecurity-Trends und wirft einen Blick in die Zukunft der IT-Security.
Artificial Intelligence und Machine Learning
Ja, KI ist überall. Mit ChatGPT hat OpenAI den führenden KI-Chatbot weltweit auf den Markt gebracht. Der Generative Pre-trained Transformer setzt künstliche Intelligenz ein und nutzt moderne maschinelle Lerntechnologie. Zahlreiche weitere Unternehmen haben daraufhin eigene oder auf ChatGPT-basierende Lösungen entwickelt. Was Arbeit und Freizeit einfacher macht, eröffnet jedoch auch neue Gefahren für die Cybersecurity.
Die Integration von KI und ML in IT-Systeme wird daher immer intensiver. Diese Technologien ermöglichen nicht nur eine schnellere (automatisierte) Erkennung von Bedrohungen, sondern auch eine präzisere Vorhersage potenzieller Sicherheitsrisiken. Schon heute können KI-Algorithmen in Echtzeit Cyberbedrohungen analysieren und sofortige Maßnahmen einleiten, um Angriffe (noch eher) zu neutralisieren. Diese autonome und gleichzeitig selbstlernende Reaktionsfähigkeit wird Unternehmen und Organisationen Step-by-Step widerstandsfähiger und weniger abhängig machen.
Wachsende Bedeutung der IoT und IIoT Security
„Der Mittelstrand ist Rückgrat der deutschen Wirtschaft”, hieß es früher überall. Heutzutage muss man eher sagen, “Das Internet of Things ist das Backbone der Industrie”. Und neben dem IoT ist auch das IIoT, das Industrial Internet of Things, eines der mittlerweile elementaren technologischen Grundlagen von Herstellern und Produzenten, von denen auch viele Mittelständler und Hidden Champions global agieren und weltweit exportieren.
Unternehmensnetzwerke kennen keine Ländergrenzen. Daher wächst bei CIOs und CTOs die Notwendigkeit, IoT-Geräte und IIoT-Anlagen sowie die daraus resultierenden Cloud- oder Edge-Netzwerke jederzeit und überall abzusichern. Der Fokus muss daher auf der Implementierung fortgeschrittener Sicherheitsprotokolle und erweiterter Verschlüsselungstechnologie für Industrieanlagen liegen. Auch müssen Sicherheitszertifizierungen für neue oder externe Geräte zur Pflicht werden. Getreu dem Motto: 2FA ist gut, MFA ist besser.
Remote Work is here to stay
Nicht erst seit der weltweiten Corona-Pandemie bietet Remote Work bzw. Work from Anywhere zahlreiche Vorteile (von der Nachhaltigkeit mal ganz abgesehen). Die Arbeit aus der Ferne erfordert jedoch auch umfassende, verbesserte Sicherheitskonzepte. Technologien, die sicheren und nahtlosen Zugang zu Unternehmensressourcen gewährleisten, sind hierbei entscheidend. Die Akzeptanz ist dabei um einiges größer, wenn auch die Usability für die Endanwender stets mitgedacht wird. Verschlüsselung und fortschrittliche Authentifizierungsmethoden sind Kernaspekte, die die Sicherheit in von Remote Work wesentlich erhöhen und die Integrität der Unternehmensdaten schützen.
Wenngleich das Konzept „Bring Your Own Device“ (BYOD) während der Pandemie eine schnelle Anpassung an das Home Office ermöglichte, steht es jedoch zunehmend wegen Sicherheitsrisiken in der Kritik. Die Nutzung privater Geräte für den Zugriff auf Unternehmensnetzwerke erhöht das Risiko von Sicherheitsverletzungen. Strenge Sicherheitsrichtlinien, Compliance-Vorgaben oder einfach die DSGVO führen oft dazu, dass Mitarbeiter:innen nach einfacheren, jedoch unsicheren Lösungen suchen. Unternehmen tendieren daher zu Alternativen wie „Choose Your Own Device“ (CYOD) oder „Company-Owned, Personally Enabled“ (COPE), um eine heterogene Gerätelandschaft zu verwalten.
Quantencomputing und Auswirkungen auf die Cybersicherheit
Befragt man ChatGPT, wie es Quantencomputing einem Kind erklären würde, erhält man folgendes: „Quantencomputing ist wie eine super-schnelle Art von Computern, die sehr schwierige Aufgaben viel schneller lösen können, als normale Computer es je könnten.“ Tatsächlich jedoch stellt Quantencomputing eine bedeutende Herausforderung für die Cybersecurity dar, da es aufgrund seiner Fähigkeit, komplexe mathematische Probleme, die traditionellen Verschlüsselungsmethoden zugrunde liegen, extrem schnell zu lösen, gängige Kryptografieverfahren wie RSA und ECC potenziell obsolet machen könnte.
Anders gesagt, stehen IT-Verantwortliche vor der Aufgabe, quantenresistente Kryptografie zu entwickeln und zu implementieren. Die Angreifer werden stärker, also muss auch die Abwehr leistungsfähiger werden. Der Schutz aktueller und zukünftiger IT-Infrastrukturen mittels Post-Quanten-Kryptografie gegenüber quantencomputing-basierten Angriffen wird schon bald (wirtschaftlich) entscheidend sein.
Phishing-Angriffe gewinnen Raffinesse
Gehen einfach nicht weg: Phishing-Angriffe stellen seit Langem eine hartnäckige Bedrohung in der Welt der Cybersicherheit dar. In puncto Wirksamkeit entwickelt sich Phishing und die damit verbundene Risiken (Malware, Ransomware, Injections etc.) immer weiter. Moderne Phishing-Angriffe haben gelernt, traditionelle Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen und personalisierte sowie technisch fortschrittliche Taktiken zu nutzen, um Anwender:innen zu täuschen. Laut einer aktuellen Untersuchung von Captera sind Phishing- und Social-Engineering-Angriffe der Hauptgrund für Investitionen in die KI-Sicherheit genannt,
Für ein hohes Niveau der IT-Sicherheit kommt es hier auf robuste Authentifizierungssysteme an, um die Sicherheit zu erhöhen. Die Zwei- und Multi-Faktor-Authentifizierung können entscheidend dazu beitragen, die Sicherheit von Daten und Systemen zu schützen. Analysten sehen eine zunehmende Vorbereitung des „Least Privilege“-Konzeptes, also das Prinzip der minimalen Rechtevergabe, um sich gegen solche Angriffe zu schützen. Jede:r Nutzer:in erhält nur genau so viele Zugriffsrechte, wie tatsächlich benötigt.
Mobile Security ganzheitlich betrachten
Was haben Remote Work, Bring Your Own Device und Edge Computing gemeinsam? Immer mehr mobile Geräte, tragbare Steuersysteme und variable Sensoren finden sich heutzutage in einer modernen IT-Landschaft. Es kommt dadurch zu mehr Konnektivität, mehr Traffic – und eben auch mehr potenzielle Sicherheitslücken. Ein 360-Grad-Ansatz ist bei Mobile Security unerlässlich, um die wachsenden Herausforderungen in der IT-Security-Landschaft effektiv zu bewältigen.
Das erfordert eine umfassende Cybersecurity-Strategie, die nicht nur robuste Encryption Protocols und MFA umfasst, sondern auch fortschrittliche Threat Detection, Endpoint Security und regelmäßige Security Audits integriert. Zusätzlich sollten VPNs und Firewalls eingebunden werden, um den Datenverkehr zu sichern und z.B. Man-in-the-Middle-Angriffe abzuwehren.
Zero Trust als Must-have
„Nie vertrauen, immer verifizieren“. Das ist das Prinzip von Zero Trust, welches sich von einem Nischenansatz zu einem zentralen Element der Cybersicherheitsstrategie entwickelt hat. Zero Trust behandelt jeden Zugriffsversuch als potenzielle Bedrohung, was strenge Identitätsüberprüfungen und kontinuierliches Monitoring der Netzwerkaktivitäten erfordert.
Der Übergang zu einem Zero-Trust-Framework markiert in Unternehmen einen Paradigmenwechsel in der Cybersicherheit, der auf kontinuierliche Verifizierung und minimale Zugriffsrechte abzielt, um die Netzwerksicherheit zu verstärken. Dieser Ansatz ist besonders effektiv bei der Eindämmung von Insider-Bedrohungen und wird mit der zunehmenden Verbreitung von Cloud-Diensten und Remote-Arbeit immer relevanter.
Mehr Cybersecurity-Wissen schützt
Cybersecurity vs. Fachkräftemangel. Ein teilweise noch unterschätztes Gebiet. Die Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit steigen, die Aus- und Weiterbildung jedoch stagniert bzw. kann mit dem Entwicklungstempo nicht Schritt halten. Mit der Zunahme komplexer Cyberbedrohungen steigt die Nachfrage nach qualifizierten Cybersicherheitsexpert:innen stark an. Häufig fehlt es an Wissen und ausreichend ausgebildeten Personen, um diese neuartigen Bedrohungen effektiv zu bekämpfen. Dieses Defizit stellt nicht nur für einzelne Unternehmen und insbesondere den Public Sector, sondern auch für die globale Cyberinfrastruktur ein erhöhtes Risiko dar.
Um diese Lücke zu schließen, werden vielfältige Initiativen umgesetzt: Security-Hersteller und öffentliche Bildungsträger erweitern ihre Angebote und Lehrpläne im Bereich Cybersicherheit. Spezialisierte Studiengänge und Zertifizierungen sind auf eine praxisnahe Ausbildung ausgerichtet. Zudem wird berufliche Weiterbildung immer wichtiger. Darüber hinaus verstärken öffentlich-private Partnerschaften die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen, um Ausbildungsprogramme zu entwickeln, die direkt auf die Bedürfnisse der Industrie zugeschnitten sind. Diese Maßnahmen spielen eine entscheidende Rolle bei der Verringerung des „Cybersecurity-Skill-Gap“ und führen zu einem widerstandsfähigeren digitalen Ökosystem.
Mehr Blockchain, mehr Cybersecurity
Die Blockchain-Technologie spielt eine zunehmend wichtige Rolle in der Cybersicherheit. Ihre Kernmerkmale – wie Unveränderlichkeit, Transparenz und Manipulationsresistenz – machen sie ideal, um digitale Transaktionen und sensible Daten wie Identitätsinformationen und Finanztransaktionen zu schützen. Blockchain kann Datenmanipulation effektiv verhindern, da Änderungen ohne Netzwerkkonsens unmöglich sind.
Schon in Kürze erwarten Branchenexpert:innen, dass Blockchain essenziell für die Sicherheit von Cloud-Systemen und IoT-Geräten sein wird, indem sie jedes Gerät in ein sicheres, autonomes Netzwerkelement verwandelt und so die Netzwerke robuster gegen Sicherheitsangriffe macht. Zudem wird der Einsatz von blockchain-basierten Smart Contracts zunehmen, die die Sicherheit von Online-Transaktionen durch selbstausführende Verträge verbessern. Diese Entwicklungen stärken die digitale Sicherheit erheblich und bieten fortschrittliche Lösungen zum Schutz von Daten und Identitäten.
Was die EU mit Cybersecurity zu tun hat
Mit der Einführung neuer EU-Gesetze wie DORA, NIS-2, dem Cyber Resilience Act und dem EU AI Act stehen europäische Unternehmen vor umfangreichen regulatorischen Herausforderungen. Zusätzlich sehen sich global agierende Unternehmen mit überlappenden Regulierungen aus anderen Regionen, einschließlich den USA und China, konfrontiert. Diese Regulierungswelle führt zu einer „Neuen Ära der Cybersicherheits-Transparenz“, in der die Berichterstattung über Cyberzwischenfälle und -praktiken von einer freiwilligen zu einer verpflichtenden Aufgabe wird.
Dies verlangt erweiterte Kompetenzen der CISOs, die nun in der Lage sein müssen, operative Cyber-Reportings in Berichte umzuwandeln, die für Vorstände nutzbar sind und die Grundlage für angemessene Budgets für Schutzmaßnahmen bilden. Laut der „Digital Trust Insights“-Studie von PwC führen die Anpassungen an die harmonisierten Cyber- und Datenschutzgesetze bei 73 Prozent der befragten Unternehmen zu signifikanten Mehrkosten. Unternehmen sollten daher frühzeitig und proaktiv handeln, um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen.
Lukas Pfeiffer ist Communications Director bei PIABO und berät seit vielen Jahren Unternehmen u.a. in den Bereichen KI, Cloud und IT-Sicherheit. Die Deep Tech Unit bei PIABO besteht aus vielen erfahrenen Expert:innen und Berater:innen, die sich um hochaktuelle und komplexe Technologiethemen von KI bis Quantum Computing kümmern. Du möchtest mehr über Cybersecurity Trends erfahren? Dann kontaktiere jetzt die Deep Tech Unit unter: deeptech@piabo.net.