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29.09.2023
Credits: Jr Korpa, Unsplash
Credits: Jr Korpa, Unsplash
Melina Budack

Unconscious Bias in der Mobilität

Inmitten des rasanten Elektroauto-Booms und innovativer städtischer Mobilitätslösungen offenbart sich ein weiteres Problem: unsere unbewussten Vorurteile oder die "Unconscious Bias". Diese Vorurteile könnten einen Teil der Erklärung dafür bieten, warum der ländliche Raum Deutschlands in puncto Elektromobilität oft übersehen wird.

Während einkommensstarke Bundesländer wie Baden-Württemberg und Bayern in der Elektromobilität führend sind, bleiben Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt zurück. Zum Beispiel gibt es allein
Nordrhein-Westfalen mit über 131.000 Elektrofahrzeugen zu Beginn 2022 fast doppelt so viele Elektrofahrzeuge, wie in den gesamten ostdeutschen Bundesländern, inklusive Berlin – hier sind es knapp 61.000. Die unbewusste Annahme, dass Innovation und Fortschritt vor allem in städtischen Zentren stattfinden, verstärkt die Diskrepanz zwischen städtischen Ballungsräumen und dem ländlichen Raum. Es wird höchste Zeit, diese Vorurteile zu überdenken und Chancengleichheit in der Mobilität für alle Regionen zu schaffen.

Was ist eigentlich Unconscious Bias?

Unconscious Bias ist ein unbewusster Vorurteil, Stereotyp oder eine Überzeugung, die unsere Wahrnehmung, Entscheidungen und Handlungen beeinflussen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Diese Vorurteile sind in vielen Lebensbereichen vorhanden, einschließlich der Mobilität.

 

Die verschiedenen Gesichter der Unconscious Bias in der Mobilität

 

Geschlechtsspezifische Mobilität: Motorräder als „männlich“ und Kleinwagen als "weiblich" zu sehen, ist ein klassisches Beispiel für geschlechtsspezifische Vorurteile in der Mobilität.

Fußgänger:innen vs. Autofahrer:innen: Oftmals werden Fußgänger:innen in städtischen Gebieten als nachrangig gegenüber Fahrzeugen, wie Autos oder sogar Fahrrädern betrachtet, obwohl sie gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer:innen sind.

Mobilität und wirtschaftlicher Status: Ein teures Auto als Statussymbol zu sehen, während Menschen, die das Fahrrad oder die Bahn bevorzugen, als weniger wohlhabend gelten, ist ein weiteres weit verbreitetes Vorurteil.

Jugendliche und ältere Fahrer:innen: Junge Fahrer:innen werden oft als risikobereiter betrachtet, während ältere Menschen als unsicherer am Steuer gelten.

Umweltauswirkungen: Der Mythos, dass umweltfreundliche Transportmittel weniger praktikabel sind, hemmt oft den Fortschritt in Richtung nachhaltiger Mobilitätslösungen.

 

Persönliche Erfahrungen und Begegnungen mit Bias

 

Ein Erlebnis, das mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war meine erste Fahrt in einem Elektroauto auf dem Greentech Festival 2023. Obwohl ich schon seit über zehn Jahren meinen Führerschein habe und eine eingefleischte Autofahrerin bin, hatte ich bisher nie die Gelegenheit, ein Elektroauto auszuprobieren. Tatsächlich zögere ich oft, in meinen Benziner zu steigen, da ich dabei immer von einem schlechten Gewissen geplagt werde. Die Idee, ein Elektroauto zu fahren, stand für mich bisher nicht zur Debatte, aus Kostengründen und weil ich dachte, dass der Fahrspaß nicht derselbe sein könnte. Und tatsächlich war er das auch nicht – er war viel besser. Dieses Erlebnis hat mich daran erinnert, wie leicht es ist, unbewussten Vorurteilen zu erliegen. Es war eine wertvolle Lektion darüber, wie wichtig es ist, offen für neue Erfahrungen zu sein, unsere eigenen Annahmen infrage zu stellen und einfach mal auszuprobieren. Meistens ist es besser, als man zuvor dachte.

 

Die Auswirkungen von Unconscious Bias auf die Mobilitätsbranche

 

Diese unbewussten Vorurteile beeinflussen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Unternehmen und Stadtplaner:innen. Sie können Innovationen hemmen, da sie das Potenzial neuer Lösungen nicht erkennen, oder sie können zu einer unausgewogenen städtischen Planung führen, die bestimmte Verkehrsteilnehmer:innen bevorzugt. Besonders offensichtlich wird dies, wenn man die aktuelle Infrastruktur und die Entwicklung von Mobilitätskonzepten betrachtet.

Der Fokus liegt derzeit auf städtischen Gebieten und Ballungsräumen. Dies ist zwar verständlich, da hier ein großer Teil der Bevölkerung lebt und der Bedarf an innovativen Mobilitätslösungen enorm ist, jedoch darf der ländliche Raum nicht vernachlässigt werden. Millionen von Menschen in Deutschland leben in eben diesen ländlichen Gebieten, und auch hier besteht ein dringender Bedarf an nachhaltigen und effizienten Mobilitätskonzepten. Es herrscht eine weit verbreitete Annahme, dass nur in Städten innovative Mobilitätslösungen wie Elektroautos oder Sharing-Modelle erforderlich und umsetzbar sind. Dies führt dazu, dass der Ausbau von notwendiger Infrastruktur, wie beispielsweise Ladestationen für Elektroautos, auf dem Land stark vernachlässigt wird.


Maßnahmen gegen Unconscious Bias

Das Erkennen und Verstehen unserer eigenen Vorurteile ist der erste Schritt. Unternehmen sollten Schulungen und Workshops zum Thema Unconscious Bias anbieten. Auch in der PR und Kommunikation können wir dazu beitragen, indem wir eine inklusivere Sprache verwenden und sicherstellen, dass unsere Botschaften nicht auf Vorurteilen basieren, denn auch die Medien spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle. Sie haben die Macht, entweder bestehende Vorurteile zu verstärken oder dazu beizutragen, sie zu zerstreuen und das Bewusstsein für die Bedeutung von inklusiven Mobilitätskonzepten, die sowohl städtische als auch ländliche Gebiete berücksichtigen, zu schärfen. Es ist an der Zeit, den Bias zu überwinden und zu erkennen, dass Mobilität für alle Menschen, unabhängig von ihrem Wohnort, gleichermaßen wichtig ist.

Die Mobilitätsbranche befindet sich in einem ständigen Wandel, und es ist wichtig, dass wir uns unserer eigenen Bias bewusst werden und sie aktiv infrage stellen. 

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