Wie man Nachhaltigkeit in Unternehmen umsetzt – und authentisch kommuniziert
Die UN–Klimakonferenz in Glasgow hat es uns ein weiteres Mal mit aller Dringlichkeit vor Augen geführt: Alle gesellschaftlichen Kräfte müssen dazu beitragen, dass wir das 1,5–Grad–Ziel erreichen, um die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise abzumildern.
Eine gute Nachricht ist, dass immer mehr Unternehmer:innen Nachhaltigkeit im beruflichen Alltag leben – nicht nur die, die Güter produzieren oder solche, deren Geschäftsmodelle um grüne Produkte oder Technologien kreisen. Sie übernehmen gesellschaftliche Verantwortung und werden zu Pionieren einer ressourcenschonenden Wirtschaft, die die planetaren Grenzen berücksichtigt. Wie kann ökologische Nachhaltigkeit Teil des beruflichen Alltags von uns allen werden? Und wie lässt sich das Engagement überzeugend in die Öffentlichkeit tragen?
Technologien für Nachhaltigkeit und Klimaschutz boomen
2020 überstieg das weltweite Marktvolumen der Greentech–Branche mit rund 4,6 Billionen Euro erstmals die 4–Billionen–Marke, so die Unternehmensberatung Roland Berger. Auch die weiteren Aussichten sind positiv: Bis 2030 werden Technologien für Umweltschutz und Ressourceneffizienz global rund 9,4 Billionen Euro umsetzen. Das entspricht einer jahresdurchschnittlichen Wachstumsrate von 7,3 Prozent.
Volles Engagement für unternehmerische Nachhaltigkeit
Das Streben nach Nachhaltigkeit drückt sich nicht nur im Aufstieg innovativer Technologien für Energieeffizienz und Dekarbonisierung, Umweltschutz und einem schonenden Umgang mit Ressourcen aus. Nachhaltigkeit wird immer mehr zur gelebten Praxis in Unternehmen, ganz unabhängig davon, ob ihre Produkte und Dienstleistungen zum Greentech–Sektor gehören oder zu anderen Bereichen.
Ein Grund liegt in der Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die die Europäische Kommission bestimmten Unternehmen auferlegt. Diese verpflichtet Unternehmen unter anderem dazu ihre Umweltbilanz darzulegen. Aktuell sind dies nach Angaben der Europäischen Kommission circa 11.700 Unternehmen, aufgrund veränderter Kriterien werden es ab dem Geschäftsjahr 2023 ungefähr 49.000 sein. Doch es braucht keine Verordnung, damit Unternehmer:innen Nachhaltigkeit leben. Viele verpflichten sich freiwillig dazu – nicht nur, weil die Öffentlichkeit, Kund:innen und auch Investor:innen zunehmend verantwortungsbewusstes Handeln von ihnen erwarten. Unternehmen handeln als Mitglieder der Gesellschaft und wissen, dass es nicht ausreicht, im Privaten CO2 zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Nachhaltigkeit muss überall gelebt werden, auch am Arbeitsplatz.
Schritte zum klimafreundlichen Unternehmen
Möglichkeiten, den Arbeitsalltag nach ökologischen Prinzipien auszurichten, gibt es viele: Mitarbeiter:innen können dazu bewegt werden, auf klimafreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. Auch die Flotte lässt sich klimafreundlich auf Elektroantrieb umstellen, reduzieren, oder vielleicht sogar ganz abschaffen. Dienstreisen können auf den Prüfstein gestellt werden: Muss jeder Weg sein und kann ein:e Mitarbeiter:in ihn besser mit dem Zug zurücklegen? Wenn die Covid–19–Pandemie etwas Gutes hatte, dann wohl auch einen Sinneswandel dahingehend, dass sich Meetings auch digital abhalten lassen.
Auch im Bereich Energieversorgung liegt ein großer Hebel: Naheliegend ist, wenn möglich, zu einem Ökostromanbieter zu wechseln. Vielleicht lässt sich sogar eine Solaranlage auf dem Firmendach installieren. Smarte Thermostate können beim richtigen Heizen unterstützen, Klimaanlagen sollten bestmöglich selten und mit klimafreundlichen Kältemitteln betrieben werden. Schon richtiges Lüften in den Morgenstunden und Verdunkeln können im Sommer für eine angenehme Arbeitstemperatur sorgen.
Auch im Kleinen etwas verändern
Nicht zu vergessen ist der Bereich Versorgung und Büromaterial: Regionale Lebensmittel haben einen geringen Fußabdruck, wird das Kantinenessen oder das Eventcatering auf vegetarisch oder vegan umgestellt, profitiert das Klima ebenfalls. Der Ressourcenverbrauch für die Herstellung elektronischer Geräte ist enorm. Auch können Unternehmen überdenken, wie häufig neue Geräte angeschafft werden. Im Bereich IT kann die Nutzung der Cloud klimafreundlicher sein als das Betreiben der eigenen IT–Infrastruktur.
Damit diese Maßnahmen eine feste Verankerung in der Unternehmenskultur bekommen, ist es sinnvoll, einen Climate Officer zu berufen, der in Zusammenarbeit mit den anderen Angestellten Nachhaltigkeitsmaßnahmen einführt und managt.
Messen und kompensieren
Wie hoch der CO2–Fußabdruck des Unternehmens tatsächlich ausfällt, lässt sich mittlerweile gut anhand von verschiedenen Tools ermitteln. “Leaders for Climate Action”, eine internationale Klimainitiative von Digitalunternehmen, ermöglicht eine Berechnung. planetly und Plan A bieten einen ähnlichen Service. Steht die Bilanz schwarz auf weiß, lässt sich die eigene Klimawirkung durch Kompensation ausgleichen – beispielsweise durch die Unterstützung von Initiativen zur Aufforstung in Regenwäldern. Bei der Kompensation ist es wichtig, auf die Zertifizierung mit dem “Gold Standard” (GS) oder den “Verified Carbon Standard” (VCS) der Projekte zu achten. Zu den zertifizierten Anbietern gehören zum Beispiel atmosfair oder myClimate.
Nachhaltigkeit authentisch kommunizieren
Egal, ob produzierendes Unternehmen oder kreativer Dienstleister und unabhängig davon, in welcher Branche sich ein Unternehmen bewegt: Je mehr Sichtbarkeit unternehmerisches Handeln im Bereich Klimaschutz hat, desto stärker ist das Signal und desto eher kann es andere Unternehmen dazu bewegen, den gleichen Weg zu gehen. Natürlich wirkt es auch positiv auf Kund:innen, Partner:innen und Investor:innen. Und auch beim Employer Branding gewinnt nachhaltiges Agieren an Bedeutung. Es macht in den Augen vieler Jobsuchender ein Unternehmen attraktiver und wird so zu einem wichtigen Instrument im Kampf um die besten Kräfte.
Nachhaltigkeit ist also ein Erfolgsmodell auf vielen Ebenen. Doch wie lässt sie sich authentisch und glaubwürdig kommunizieren? Zahlen und Fakten zum CO2–Fußabdruck des Unternehmens sind natürlich elementar, um eine Öffentlichkeit zu überzeugen, die zunehmend für Greenwashing sensibilisiert ist. Daten sollten aber nur die Grundlage für die Kommunikation sein. Im Zentrum selbst muss der oder die Botschafter bzw. Botschafterin selbst, der Unternehmer oder die Unternehmerin, stehen: Nur wer sich persönlich mit dem Thema Nachhaltigkeit positioniert und sich als Gesprächspartner der Öffentlichkeit anbietet, kann darlegen, dass es sich dabei nicht um eine Pflichtübung handelt – sondern um ein aufrichtiges Anliegen, das zum Markenkern des Unternehmens gehört.
Nachhaltigkeit als neuer Standard
Die Chancen, wahrgenommen zu werden, stehen gut. Nachhaltigkeit in Unternehmen ist gerade dabei, zum Standard zu werden und noch sind die Geschichten darüber, wie dies gelingen kann, neu. Das Thema ist im Mainstream angekommen und nicht nur Nachhaltigkeits– und Wirtschaftsmedien zeigen zunehmend Interesse, sondern auch solche, die sich an ein breiteres Publikum wenden. Unterstützt wird diese Entwicklung durch den Wunsch der Konsumierenden nach Transparenz, nach einem Blick hinter die Kulissen. Unternehmer:innen können diese Offenheit durch ihre Präsenz in sozialen Medien realisieren.
Wichtig dabei ist nicht nur, dass Unternehmer:innen persönlich in Erscheinung treten und dem Streben nach Nachhaltigkeit ein Gesicht geben, sondern auch was kommuniziert wird. Menschen schätzen Authentizität – und damit auch Geschichten, die nichts beschönigen, sondern realistische Einblicke in das Unternehmen geben. Das bedeutet auch, durchaus auch die Schwierigkeiten zu schildern, die es auf dem Weg zu einem klimaneutralen Unternehmen zu meistern gilt. Denn spannend wird eine Erzählung erst, wenn die Protagonist:innen Herausforderungen überwinden müssen – alles nur schönzufärben ist nicht nur unglaubwürdig, sondern auch langweilig. Nachhaltig wird man nicht von heute auf morgen. Die Reise anzutreten und darüber zu sprechen ist authentisch und schafft Nähe.
Unternehmer:innen als treibende Kraft
Je mehr Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit ein unternehmerisches Handeln im Bereich Klima– und Umweltschutz hat, desto stärker das Signal und die Chance, den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu beschleunigen. Dafür bedarf es einer authentischen Kommunikation und Menschen, die inspirieren. Unternehmer:innen können diese Rolle übernehmen – und so zu einer treibenden Kraft bei der Bewältigung des Klimawandels werden, über den der damalige UN–Generalsekretär Ban Ki–moon schon 2014 bei der Eröffnung des UN–Klimagipfels in New York sagte:
“Climate change threatens hard–won peace, prosperity, and opportunity for billions of people. Today we must set the world on a new course. Climate change is the defining issue of our age. It is defining our present. Our response will define our future. To ride this storm we need all hands on deck.”